Filmen in Zeiten eines Genozids

5/19/20243 min read

Während die Kamera läuft, prügeln Bullen Student*innen blutig. "The revolution will not be televised" heißt es, dafür spielt sich ein Genozid live und in Farbe auf unseren Bildschirmen ab. Trotzdem ignorieren Filmemacher*innen den Völkermord, von dem sie jeden Tag Zeuge werden.

Was also tun? Die einfachste Antwort ist, die Kamera gegen die Faust auszutauschen, das Set gegen die Straße. Die Augen aufzumachen. Das heißt nicht, keine Filme zu machen, das heißt die richtigen Filme zu machen und in die Geschichte einzugreifen, anstatt sie nur zu beobachten. Doch die Filmindustrie hat sich ihre eigene Welt aufgebaut, in der sie ihren Kopf vergraben kann, blind für alles, was um sie herum passiert. Sie ignoriert Gaza so, wie sie den ihr inhärenten Sexismus und Rassismus ignoriert. Sie verliert auch kein Wort über Kongo, Sudan, Kurdistan. Die Liste geht leider endlos weiter. Zu unser aller Schande ist sie zum Schoßhund der Bourgeoise geworden, anstatt sie anzufechten. Wenn sie sich dabei weiter auf White Supremacy beruft, ist es an der Zeit, sie zu Fall zu bringen.

Film ist eine Kunst des bewegten Bildes und doch steht die Branche still. Sie steht fest auf dem Status Quo, aus Angst, die kleinste Erschütterung könnte sie aus der Balance werfen. Die Menschen, die am meisten zu verlieren haben, sind die, die am meisten wagen. Vor allem Poc und Jüd*innen stemmen diese Last. Zum Dank werden sie von Politiker*innen der Axel-Springer-Hetze zum Fraß vorgeworfen und ihre Kolleg*innen empfangen die Zensur mit offenen Armen, vielleicht in einem seltenen Fall mit einem müden Kopfschütteln.

Das Kino ist einen Pakt mit dem Imperialismus eingegangen. Es liegt an uns, diesen Pakt zu brechen.
Es liegt an uns, die Hegemonie herauszufordern. Es liegt an uns, Widerstand zu leisten. Wenn wir das nicht tun, dann bleibt das einzige, was die westliche Film- von der Rüstungsindustrie unterscheidet, dass die einen passiv, die anderen aktiv Komplizen in einem Genozid sind.

Uns endlich zu involvieren…
Das bedeutet, Filme mit den Betroffenen zu machen. Keine Filme über die Campus-Besetzungen, sondern mit den Campus-Besetzern, Filme nicht nur über, sondern mit dem Widerstand, Filme mit den Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker. Filme gegen die Rüstungsindustrie, gegen die verantwortlichen Regierungen und gegen den Krieg.

Unsere Bemühungen bleiben Bemühungen. Sie sind notwendig und doch in nichts vergleichbar mit dem, was die tapfersten Menschen unserer Erde, die Menschen in Gaza, jeden Tag durchmachen. Am Ende lässt sich nur sagen: Was ist eine verlorene Filmförderung als Konsequenz des Handelns gegen ein verlorenes Menschenleben als Konsequenz des Nicht-Handelns.

Kampf dem Faschismus, Rassismus und Antisemitismus.
Ceasfire now.
Free Kongo, Free Sudan, Free Kurdistan.

Jin, Jiyan, Azadî.

Free Lina.
Viva Palestina.

Eine Sekunde Film besteht aus 24 Bildern.
Ein Raketenschlag kann eine ganze Familie in unter einer Sekunde töten.


Während das Kino nach neuen Bildern sucht, teilen die Menschen in Gaza minütlich neue Videos, neue Fotos, neues Schrecken und doch zieht keine verantwortliche Regierung daraus Konsequenzen. Das Kino sucht nach Fiktion, nach neuem Eskapismus und verleiht sich dafür Preise. Die Journalist*innen in Gaza teilen die Realität und werden dafür erschossen.

Verzweifelte Hilferufe. 225 Tage Genozid und die Medien relativieren weiter. Die Filmschaffenden, die immer davon reden, den Schwachen eine Stimme zu geben, schweigen. Gaza liegt in Trümmern, Leichenberge werden vor unseren Augen aufgedeckt und der westliche Film dreht dem Leid seinen Rücken zu. Eine Kamera ist keine erste Hilfe, ein Regisseur kein Guerilla-Kämpfer, eine Einstellung bringt keine Revolution, aber Film ist bedeutend für die westliche Hegemonie. Er kann die Verhältnisse nicht stürzen, aber er kann sie hinterfragen.

Die Hegemonie bedeutet Imperialismus, bedeutet Morden, bedeutet Apartheid, bedeutet Rassismus. Ein Film, der sich nicht gegen die Hegemonie stellt, ist mitschuldig.